COVID-19 (Tag 1297)

Jetzt juckt es mich tatsächlich wieder, nachdem ich lange Zeit eben keine mehr fand, ein paar Zeilen zu schreiben. Es gibt ja auch unzählige Anlässe und Dinge, die besprochen und beschrieben werden müssen. Warum der Titel „COVID-19 (Tag 1297)“?
Naja, ich habe eben in dieser ersten Zeit angefangen, regelmäßige Blogs zu schreiben und in Gedenken daran zähle ich nun brav mit. Ich bin ja ein Statistikfreund.

Das Schöne an Statistiken und überhaupt mathematischen Fakten ist ja die systemimmanente Überzeugungskraft. Wenn ich heute im beruflichen wie im privaten Umfeld meine Aussage auf mathematischen Gegebenheiten oder Formeln berufe, zweifelt sie meist niemand an. Zu Recht übrigens…
Es sei denn natürlich die Behauptung ist kompletter Irrsinn, aber oftmals fällt es dann dem Gegenüber schwer, den Fehler in der Argumentationskette zu finden. Typisches Beispiel ist der Beweis, das 1 gleich 2 ist:

Naja, das Beispiel ist alt, wohlbekannt, hat sogar schon seinen Weg in die sozialen Netzwerke gefunden und deshalb dürfte es nicht schwer fallen, den Fehler zu finden. Wer es selbst herausfinden will, klappt den nächsten Abschnitt nicht sofort auf, sondern erst zur Kontrolle.

Trotzdem bediene ich mich einfach gerne dieser Technik und noch lieber arbeite ich mit Metaphern, Vergleichen und Bildern, was meine Deutschlehrer im Nachhinein sehr freuen wird. Also, nicht die Tatsache, dass ich es tue, sondern dass ich die 3 Stilmittel noch unterscheiden kann. Immerhin hatte ich in meiner mündlichen Abiturprüfung Deutsch als Prüfungsfach und Rhetorik war das Schwerpunktgebiet. Schöne Grüße an Herrn Otto Ippisch, Frau Reitmeier und Herrn Adolf Sieber.

Ich weiß, alle drei waren sehr enttäuscht über die Antworten zu meinen Fragen und, obwohl es nicht sehr viele mehr waren als ich Punkte erhielt, freue ich mich über meine Antwort auf die Frage, wie denn in der Beziehung zwischen „Autor“ und „Leser“ der Leser heißt, wenn der Autor Produzent genannt wird.
Während alle drei gespannt auf meine Antwort warteten – ihres Zeichens übrigens auch noch alle drei Deutsch-, Latein- und Griechisch-Lehrer -, kam vom ehemaligen Spitzenkandidaten der bayrischen FDP, Adolf Sieber, der sagenumwobene Tipp: „Michael, das kommt vom lateinischen Wort für ’nehmen‘!“
Worauf ich sofort wie aus der Pistole rausschoß: „Kapitän!“.

Nun muß man vermutlich den Nicht-Lateinern unter euch helfen. Es gibt für das Verb ’nehmen‘ im Lateinischen mehrere Worte. Drei davon sind ‚capere‘, ‚consumere‘ und ‚recipere‘ und da hat mich meine superschnelle Assoziationsgabe eben nicht verlassen.

Ich denke, ich darf mit den 3 Punkten (als Note 5 plus oder im Wortlaut: ‚mehr als mangelhaft‘) zufrieden sein.
Vielleicht beruhigt es die Drei, dass im „Nachhinein, doch was aus dem Jungen geworden ist.“

Dazu muss ich übrigens feststellen, dass ich immer wieder überrascht bin, wieviel „Allgemeinbildung“ vergleichsweise in mir steckt, wenn ich sie mit meinen Freunden und Kollegen einmal messen darf und das trotz oder wegen meines schlechten, bayrisch-humanistischen Abschlusses.

Die einen würden sagen: „Du lebst ja jetzt in Bremen…kein Wunder!“
Andere würde einwenden: „Du bist ja jetzt schon älter und hast den Mist aus der Schule längst verarbeitet.“
Die dritte Gruppe zieht meist mit einem mehr philosophischen Ansatz Resümmée: „Was ist denn Allgemeinbildung?“.
Wahrscheinlich haben alle drei Parteien Recht.

Ich bediene mich ehrlicherweise der meisten Stilmittel auch ohne zu wissen, ob es ein Hendiadyoin oder ein Pleonasmus ist. Namen sind für mich „letztendlich“ nur „Schall und Rauch“.

Das war jedoch vor einigen Tagen anders, als ich nochmal das mathematische Modell des „Gefangenendilemmas“ entdeckt habe.

In meinem Arbeitsumfeld ist es aktuell so, dass wir immer wieder und jeder für sich hadern mit der Entscheidung, ein digital zu lösendes Problem so zu lösen, dass es für den jeweiligen Kunden angepasst und möglichst schnell umgesetzt wird, oder evtl. unter dem Einsatz etwas mehr Zeit und Energie, eine Lösung zu basteln, die auch zukünftig anderen Kollegen und Projekten eine Lösung liefert.

Die zweit-genannten Lösungsbausteine lassen sich im Umfeld meiner aktuell verwendeten Technologie PHP in sogenannte „Bundles“ auslagern. Ihr könnt euch vorstellen, dass es aufwendiger ist, ein Bundle zu entwickeln als die Lösung im laufenden Projekt direkt zu integrieren.
Dennoch ist es ohne Frage nahezu immer hilfreich, ein Bundle zu finden, was einem die Lösung durch einfache Integration des Bundles bereits abnimmt. Für die Kolleg:innen des produzierenden Gewerbes mag man sich Bundles wie Fertigbausteine vorstellen, was aber im Vergleich etwas hinkt, weil ein Bundle nicht nachproduziert werden muss, dafür aber gepflegt werden sollte – insbesondere, wenn sich die Umgebung, in der es eingebettet ist, aktualisiert.
Ja, ich weiß, es wird langsam kompliziert, also zurück zum Dilemma.

Das Gefangenen-Dilemma

Ausgangssituation

Zwei Räuber werden im Zuge der Ermittlungen von der Polizei gefasst. Es liegen einige Indizien vor, die vermutlich zu einer Verurteilung führen würden.
Da aber keiner der beiden bisher gestanden hat, bietet die Staatsanwaltschaft beiden – getrennt voneinander – die Kronzeugenregelung an.

Damit ergibt sich für jeden Räuber die folgende Überlegung:

  • Wenn wir beide gestehen, wandern wir für jeweils 8 Jahre in den Knast.
  • Wenn wir beide NICHT gestehen, wandern wir nur für 3 Jahre in den Knast.
  • Wenn ich gestehe (und mein Räuberkollege NICHT), werde ich Kronzeuge, gehe straffrei aus und mein Kollege wandert für 10 Jahre in den Knast.

Da die Räuber aber getrennt voneinander befragt werden, kommt es zu einem Dilemma.

Einerseits würde man durch „Nicht Gestehen“ das beste globale Ergebnis erzielen. Beide würden zusammen „nur“ 6 Jahre Knast hinter sich bringen müssen.

Andererseits könnte jeder einzelne für sich ein besseres individuelles Ergebnis erzielen, würde er gestehen und damit Kronzeuge werden. Dann käme er selbst überhaupt nicht in den Knast, allerdings der Räuberkollege für 10 Jahre, was im Gesamtergebnis schlechter wäre.

Wenn aber nun alle versuchen Kronzeuge zu werden, gehen beide für jeweils 8 Jahre, also in Summe 16 Jahre in den Knast.

Analogie

Nehmen wir mal an, die Räuber sind Software Entwickler. (Abwegig?! – siehe hier)
Die Staatsanwaltschaft ist das Projektmanagement.
Die Zeit im Knast entspricht der Arbeitszeit.
Geständige Räuber sind aus Sicht der Staatsanwaltschaft „gute“ Räuber, also Software Entwickler, die fleißig am Projekt mitarbeiten und sonst nichts. Demzufolge sind nicht geständige Räuber, die die sich um sich und andere Räuber bemühen, die Räuberehre hochhalten. In der Analogie sind dies die Entwickler, die auch einen Teil ihrer Arbeitszeit in gemeinsame Lösungsbausteine investieren, also Bundles.

Für eine gemeinsame optimale Situation sollten also alle Software Entwickler auch mal „nicht gestehen“, Arbeitszeit in gemeinsame, bessere Lösungen investieren und nicht immer nur ihr Projekt und das direkte Projektmanagement im Blick haben. Das ist manchmal schwer und erfordert, dem Druck standzuhalten (zum Beispiel eines „Verhörs“).
Aber insgesamt dient es dem besseren Allgemeinwohl und ~erfolg.

Natürlich ist man im Gegenzug NICHT der Spitzenentwickler, die nur das Projekt und den direkten Erfolg im Blick hat, aber einen Preis muss man eben bezahlen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass die erfolgreiche Zusammenarbeit in mehreren Teams auch nur funktioniert, wenn jeder Einzelne das Vertrauen hat, dass alle gemeinschaftlich agieren. Aber ich kann in meinem Handballteam immer wieder erleben, dass das auch klappen kann. Es muss halt nur trainiert werden.

Philatelie

Wie kriege ich jetzt den Bogen zum Briefmarken sammeln ausgehend von Räuber und Knast?!

Ganz einfach. Auch über die Software Entwicklung.

Ein „Schmankerl“ der Usability ist mir gestern vor die Füße gefallen.

Wir brauchten Briefmarken – ja, es gibt noch Leute, die schreiben. Dazu gehören wir natürlich nicht, aber wir verschicken vieles, also viel Verkauftes, und da besteht die Post oftmals noch auf Wertmarken, insbesondere bei Postgütern, die noch in den Briefkasten passen sollen.

Nach einer ingenieurmäßigen Ausmessung der verpackten Artefakte geht es nun noch um die korrekte Wiegung und Ermittlung der passenden Postwertzeichen, kurz Briefmarken genannt.

Natürlich hatte die Post am Samstag nach Mittag schon zu. Bitte, es sind Beamte.

Aber es gibt ja noch den Briefmarkenautomaten.

Dieser beglückte uns zu allererste mit dem Hinweis, dass Kartenzahlung aktuell nicht möglich ist. Vermutlich hat der Postbeamte, der hinter dem Automaten steht und den entsprechenden Betrag bei einer richtigen Bank abhebt, schon frei gehabt. also brauchten wir Kleingeld und mit Kleingeld meint die Post Münzen.

Persönliche Mutprobe: Gehe in Geschäfte und bitte um Kleingeldwechslung eines Euroscheins (wahlweise 10, 20 oder 50 Euro).

Die beste Antwort war: „Das darf ich nicht.“

Irgendwann hatten wir nach 3 Kugeln Eis und sonsitgen Kleinkäufen ausreichend Münzen zusammen. also, auf zum Automat.

Wir bestellen 5 * 2,20 Euro Briefmarken, was in Summe 11 Euro ausmacht.
Bemüht darum, mölgichst viel dieses orthopädisch bedenklichen Kleingelds wieder loszuwerden, beginnen wir mit den kleinsten Münzen, um die Gesamtsumme zusammenzukriegen, als plötzlich folgende Fehlermeldung erscheint:

Was Räuber und Briefmarken gemeinsam haben? Keine Ahnung...

Ich möchte dem Kollegen, der die Umsetzung dieses Algorithmus programmieren musste, anbieten, zu uns zu kommen.

Nicht, dass es in unseren Projekten nicht auch schon mal „fragwürdige“ Anforderungen durch Kunden gegeben hätte, aber in den meisten Fällen versuchen wir schon, eine gemeinsame sinnvolle Lösung mit unseren Kunden zu erarbeiten.

Trotzdem ist mit akribischer Genauigkeit bereits zum Zeitpunkt der Zahlung ermittelt worden, dass nun nach Einwurf einiger Münzen (weniger als 15!), die restliche Summe nicht mehr mit einer Anzahl, die noch erlaubt wäre, also 15 – (Anzahl bereits eingeworfener Münzen), zu erreichen ist.

Ein solcher Algorithmus und das Testen aller möglicher Umstände und Sonderfälle erfordert genau die Art zu denken, die wir als Software Entwicklungsunternehmen suchen.

Also bitte https://www.team-neusta.de/karriere und Stichwort „Philatelie“. Ich kümmere mich um den Rest, versprochen.

Gut vielleicht muss ich darauf hinweisen, dass unser Chef gerade in öffentlicher Kritik steht wg. einer Aussage, die er „nicht so gemeint hat“, aber das bist Du als Software Entwickler eines öffentlichen Amtes sicherlich gewohnt, dass am Ende, Prozesse und Dinge entstehen, die hinterher keiner so gemeint haben kann.

In jedem Fall bleibt aber eine Voraussetzung für eine mögliche Einstellung:

Du musst mir erklären, warum zur Hölle es nur maximal 15 Münzen sein dürfen?

Philatelie und das Dilemma der Gefangenen

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